Denn da hat sich in den letzten Wochen einiges verändert. Die letzten
3 Wochen gab es ein großes Ferienprogramm in Ongata Rongai und Pangani.
Das hieß, dass Jacki und ich die erste Woche in Rongai waren (und da
durch die langen Fahrtwege meistens übernachtet also gewohnt haben), um morgens
Unterrichtsstunden und nachmittags Aktivitäten wie Perlenarmbänder, Sport, Malen oder Games zu machen. Währenddessen manageten unsere Kollegen dasselbe Programm im Pangani House.
In
der folgenden Woche wiederholte sich das Ganze jetzt aber für uns in
Pangani , wo diesmal nicht nur die Homecups zu bespaßen waren. Denn während der Ferien sollen alle PLCC-Mädchen, die in den Primaryschools sind und nicht in Ongata Rongai wohnen, nach Pangani kommen. Es waren also - wie man sich vielleicht denken kann -
laute, bunte und unplanbare Wochen, aber es hat Spaß gemacht!
Seit
Anfang dieser Woche sind die Schulen wieder geöffnet und wir haben
wieder "nur" die mittlerweile neun Homecups um uns herum. Genau wie im
letzten Jahr gehen die Homecups in die "Informal Class", das heißt, sie
werden von uns in Fächern wie Mathe, Englisch, Kiswahili, Social
Studies, Science und Religion unterrichtet. Letztes Jahr haben wir die
Mädchen in kleine Miniklassen eingeteilt, so dass jeder Lehrer nur zwei
bis maximal drei Mädchen hatte. Dieses Jahr ist aber alles ein bisschen
anders:
Zum einen können wir die Mädchen kaum in Klassen unterteilen, da
sie zwar alle sehr unterschiedlich alt sind (von 4 bis 12 Jahre) und
sogar acht von neun schreiben und rechnen, aber nur zwei der neun
Mädchen lesen können. Von daher machen wir in den meisten Fächern
mittlerweile Frontalunterricht mit eingebauten "Alphabet- und
Lautelernen" und trennen die Mädchen nur in Englisch und Mathe, wo sie
wirklich starke Unterschiede vorweisen.
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Plötzlich Frontalunterricht |
Der zweite Unterschied
ist, dass wir nun nicht mehr vier Lehrer im Education Department sind.
Linda wurde vor einigen Monaten schon kurzerhand zur Hausmutter im
Pangani House umgeformt (was ihr aber ganz gut passt, da sie ihr Studium
jetzt tagsüber statt abends hat) und unser Boss und Leiter des
Education Departments Bosire hat ein dreimonatiges Praktikum in einer
Secondary School (auch wegen seines Studiums). Bleiben also Jacki, ich
und Esther, eine ehemalige Praktikantin, die für die kommenden Zeit neue
PLCC-Mitarbeiterin und auch Lehrerin wie wir ist.
Das
ist für uns natürlich eine komplett neue Situation, da Esther sich auch
um Bosires ehemalige Aufgaben der Schulbesuche etc kümmert und so nicht
immer im Pangani ist. Jacki und ich sind also in der jetzigen
Unterichtsgestaltung ziemlich frei und auch ein bisschen auf uns alleine
gestellt.Aber ich muss sagen, wir haben wirklich tolle Mädchen. Eine
ist zum Beispiel schon 12 Jahre und war noch nie in der Schule, ist aber
so wahnsinnig motiviert zu lernen, dass sie sich sogar in den Pausen
irgendwo hinsetzt und weiter übt und schon jetzt schwere Matheaufgaben mit Multiplikation
lösen kann. Kurz gesagt: Es macht uns sehr viel Spaß und zum Glück
reichen mittlerweile auch unsere Kiswahilikenntnisse aus, um sich vor
eine Klasse zu stellen :-) Und wenn wir wirklich einmal nicht weiter
wissen, sitzen im Office auch immer noch Kollegen, die uns mit Rat und
Tat zur Seite stehen.
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Fleißige Schülerinnen! |
Ansonsten bin ich Tag für Tag davon beeindruckt, wie sich die Mädchen entwickeln
Am
Anfang hatten wir zum Beispiel ein Mädchen dabei, die sich nicht
anfassen lassen wollte - nicht einmal die Hand zum Hallo sagen, wollte
sie geben - und lernen erst Recht nicht. Auf jede Aussage antwortete sie
mit "ah mi sitaki" (ich will nicht!) und wir wussten nicht wirklich,
was zu tun ist. Wir haben sie meistens einfach "mitlaufen" lassen, was
oft auch bedeutete, dass sie aus dem Klassenraum rausgelaufen ist,
anstatt zu lernen Aber schon jetzt nach nur drei Wochen kommt sie genau
wie die anderen angerannt und springt uns zur Begrüßung in die Arme oder
nimmt unsere Hand. Sie hat sich total verändert, auch im Unterricht
gibt sie sich mittlerweile wirklich Mühe und kann sich schon viel länger
konzentrieren - auch wenn sie es allein schon vom Alter sehr schwer
hat, die Sachen zu verstehen.
Aber wir versuchen ihr entgegen zu kommen, im Moment muss sie deswegen
auch nicht auf Druck Schreiben lernen, sondern darf erst einmal
versuchen, die Buchstaben auszumalen oder mit Bohnen nachzuformen, um
ein Gefühl für die Formen zu bekommen.
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Meine neuen Mäuse |
Wie
ihr vielleicht seht: Im Moment ist es wirklich spannend und ich freue
mich jeden Tag auf die Arbeit und darauf, die neuen Mädchen besser
kennenzulernen. Zur Zeit fehlt uns noch eine, bis wir die 10 Homecups
zusammen haben. Wenn alle da sind, werde ich auch mal ein Foto der neuen
Pangani Informal Class posten, um sie euch vorzustellen.
Und für alle, die nicht so gerne Geschichten aus der Arbeit sondern lieber aus Nairobi lesen, hier eine Alltagsgeschichte:
Jeden Morgen fahren Jacki und ich im Matatu zur Arbeit (klappriger 14-Sitzer, der oft Löcher im Boden, kaputte Türen oder einen Motor hat, dessen Geräusche man eher nicht so hören möchte).
Letzte Woche fragte mich der Conducter, ob er mich nicht heiraten könne. Da mir die Frage mehrmals täglich gestellt wird, lächelte ich ihn nur an und sagte, dass das ja sehr nett sei, aber ich einen Freund in Deutschland habe.
Das fand er aber gar nicht so schlimm, denn er entdeckte Jacki, die eine Reihe vor mir saß. "Und sie? Hat sie einen Freund?", fragte er mich. Ich antwortete, dass ich das nicht wisse, er solle sie selber fragen. Mittlerweile lachte nicht nur die Frau auf dem Stuhl neben mir, über die seltsame Unterhaltung des Conducters und "der Weißen" auf Suaheli.
Er dachte leider gar nicht daran Jacki zu fragen und fing stattdessen an, mit mir zu verhandeln. Wie viel ich denn für sie haben wolle..:-)
(Mittlerweile ist mir aufgefallen, dass ich sie mal verkaufen hätte sollen, schließlich hätte ich als "Familie" ja die Mitgift bekommen und nicht sie)
Sein Angebot waren 10 Schafe, eindeutig zu wenig befanden ich und Jacki und forderten 100 Kamele. Kopfschüttelnd gestand der Conducter, dass er soviel nicht habe, aber Jacki nunmal einen kenianischen Ehemann bräuchte.
Glücklicherweise war das das Stichwort für Jacki, die Situation zu retten! "Ich habe schon einen kenianischen Boyfriend", erklärte sie und brachte den Conducter zum Strahlen. Kurzerhand rannte er aus dem Matatu und brachte uns jeweils eine Banane.. :-) Wir bekamen also unser 2. Frühstück, während der halbe Bus lachte und uns der Conducter überschwänglich zum Abschied winkte.